Vom 3. bis 8. Dezember 2009 wurde in der estnischen Stadt Tallinn von der überregionalen öffentlichen Organisation „Deutsche Jugendvereinigung“ und ihrem ausländischen Partner, der Jugendvereinigung „SiiN-ЗдесЬ“, die die russischsprachige Jugend in Estland vertritt, das Projekt „Jugend nationaler Minderheiten in einer multikulturellen Gesellschaft: Wege zur Optimierung des interkulturellen Dialogs“ realisiert. Das als Training gestaltete Seminar lief im Rahmen des Wettbewerbs „Wir sprechen eine Sprache“ für gemeinsame Projekte der Teilnehmerländer der GUS und des näheren und ferneren Auslands. Organisatoren des Wettbewerbs waren das Ministerium für Sport, Tourismus und Jugendpolitik der Russischen Föderation, der Nationalrat der Kinder- und Jugendverbände, die Stiftung „Russische Welt“ (Русский мир) und die Stiftung zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit. Das Projekt wurde ebenfalls vom deutschen Innenministerium unterstützt. Am Projekt nahmen sowohl Jugendliche aus verschiedenen Städten Russlands (Moskau, Perm, Stawropol, Twer, Tula) als Vertreter der regionalen Jugendorganisationen der Russlanddeutschen als auch die russischsprachige Jugend aus Estland teil.
Den Schwerpunkt des Programms bildeten Trainings zur ethnischen Identität und Kultur, zu Werten und Vorurteilen sowie zu nationalen Minderheiten, die von der hoch qualifizierten Ethnopsychologin Marina Tschibissowa geleitet wurden.
Jeder Tag war einzigartig und unvergesslich. Die Jugendlichen nahmen an Trainings teil, bei denen es um Begriffe wie Nation, Volk, Volkstümlichkeit, nationale Minderheit, nationale Identität und interkultureller Dialog ging. In einer entspannten Atmosphäre und im Rahmen eines als spannendes Spiel gestalteten Unterrichts konnten die Jugendlichen lernen, miteinander sprechen, ihren Standpunkt vertreten, sich mit Interesse an Diskussionen beteiligen und ihre Fragen stellen. Jeder war bemüht, sich selbst zu verstehen und seine eigene nationale Identität sowie die Notwendigkeit eines toleranten Umgangs zwischen Menschen unterschiedlicher Nationalitäten zu definieren.
Alle Projektteilnehmer, sowohl aus Russland als auch aus Estland, waren daran interessiert, voneinander zu lernen und mehr über die Kultur und die Sprache des anderen zu erfahren sowie die Besonderheiten des Lebens in dem jeweils anderen Land, seine Traditionen und Regeln kennen zu lernen. Die Jugendlichen aus Russland erkundigten sich bei den in Estland lebenden russischen Jugendlichen, wie ihre Beziehung zu den Estländern sei, ob sie sich an russische Traditionen und Feiertage halten und ob sie sich selbst eher als Russen oder als Estländer wahrnehmen.
Nach einem vollen Arbeitstag mit den Trainings von Marina Tschibissowa „Arbeitstag“ verbrachten alle Teilnehmer die langen estnischen Abende in einer lockeren, freundschaftlichen und anregenden Atmosphäre. Jeder Tag verlief anders und hatte seine Besonderheit. Zu einer solchen besonderen Veranstaltung wurde z. B. der „multikulturelle Abend“, an dem die Gäste aus Russland und Estland kreative Darbietungen aufführten, die die Besonderheiten und Traditionen des eigenen Landes und des eigenen Volkes repräsentierten. So führten Jugendliche aus Russland als Vertreter der Russlanddeutschen mehrere kreative Stücke auf (sie brachten den Zuschauern deutsche Volkstänze bei, sangen Lieder in deutscher Sprache, zeigten mehrere Spiele). Ziel des Auftritts war das Vermitteln der deutschen Volkskultur, der Folklore und der Traditionen. Die Teilnehmer aus Estland zeigten ihrerseits Stücke, die den Zuschauern die Kultur der estnischen Völker näher brachten.
Eine Woche des engen und kameradschaftlichen Umgangs trug natürlich zu einem vertrauten Verhältnis der Jugendlichen untereinander bei. Zu einem für die russischen Gäste unvergesslichen Erlebnis wurde der Besuch der bezaubernden mittelalterlichen estnischen Hauptstadt Tallinn, die den Charme der Kultur, der Architektur und der Geschichte in sich birgt. Zum Abschluss des Projekts veranstalteten die Jugendlichen aus Estland für ihre russischen Gäste eine Exkursion durch diese Stadt.
Nach Abschluss des Projekts kann man mit Sicherheit sagen, dass die jungen Teilnehmer unabhängig von ihrer nationalen Identität nicht nur viel Neues und Interessantes über die Eigenidentität, über die Probleme der nationalen Minderheiten in anderen Ländern und über den kulturellen Dialog erfahren haben, sondern auch eine Basis für den weiteren Kontakt mit der Partnerorganisation geschaffen haben. Alle Teilnehmer des Projekts hatten Spaß am Umgang miteinander und freuten sich über die neuen Bekanntschaften. Trotz der Individualität eines jeden von uns und trotz unserer Zugehörigkeit zu unterschiedlichen nationalen Minderheiten verstehen wir uns, denn wir sprechen eine Sprache.